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EnergiewendeKohleausstiegKeyenberg kann sich künftig zu 100 Prozent selbst mit sauberem Solarstrom versorgen

Keyenberg kann sich künftig zu 100 Prozent selbst mit sauberem Solarstrom versorgen

Das vom Braunkohletagebau bedrohte Dorf Keyenberg im Rheinischen Revier kann sich künftig zu 100 Prozent mit selbst produziertem Ökostrom versorgen. Fünf Solaranlagen auf Hausdächern in Keyenberg sollen dafür pro Jahr rund 75.000 Kilowattstunden sauberen Strom liefern – mehr, als die 26 Familien im Ort durchschnittlich verbrauchen. Zur Verfügung gestellt werden die PV-Anlagen von der Ökoenergiegenossenschaft Greenpeace Energy, die eng mit der Dorfgemeinschaft kooperiert.

„Gemeinsam mit den Bewohnerinnen und Bewohnern von Keyenberg setzen wir damit ein Zeichen für erfolgreichen und schnellen Strukturwandel: Sauberer Sonnenstrom ersetzt schmutzige Braunkohle“, sagt Nils Müller, Vorstand bei Greenpeace Energy.

Keyenberg liegt unmittelbar neben dem Braunkohletagebau Garzweiler. Die aktuellen Planungen der Landesregierung von Armin Laschet (CDU) erlaubt dem RWE-Konzern, das Dorf für den Kohleabbau abzubaggern – trotz beschlossenem Kohleausstieg. Die Einwohnerinnen und Einwohner, die ihre Heimat nicht verlieren wollen, wehren sich seit Langem dagegen.

Barbara Ziemann-Oberherr vor ihrem Haus mit PV-Anlage auf dem Dach
Barbara Ziemann-Oberherr vor ihrem Haus mit der von Greenpeace Energy ermöglichten PV-Anlage. Fotos (3): Andreas Fechner / Greenpeace Energy eG

„Ich lebe seit 40 Jahren in Keyenberg. Die geplante Umsiedlung, der Verlust der Heimat und den durch die Braunkohle verstärkten Klimawandel empfinde ich als mehrfache Ungerechtigkeit. Dagegen will ich mich aktiv wehren“, erklärt Barbara Ziemann-Oberherr, eine der beteiligten Keyenbergerinnen, ihre Motivation zur Teilnahme am Projekt.

Portrait von Nils Müller
Nils Müller, Vorstand bei Greenpeace Energy / Foto: Christine Lutz / Greenpeace Energy eG

„Die klimabedingte Flutkatastrophe zeigt auch hier in der Region: Wir müssen schneller denn je den Ausbau sauberer Energien vorantreiben, statt weiterhin Dörfer für den Tagebau abzureißen, Menschen durch Umsiedlung zu entwurzeln und klimaschädliche Braunkohle zu verfeuern,“, sagt Nils Müller. Greenpeace Energy hat die Anlagen im Rahmen seines Stromangebots „Solarstrom plus“ finanziert. Hier zahlen Kundinnen und Kunden der Ökoenergiegenossenschaft einen Zusatzbeitrag auf ihren Strom, um so Solarprojekte in deutschen Kohle-Regionen zu ermöglichen. Insgesamt hat Greenpeace Energy über diesen Fördertopf bundesweit bereits 19 Solar- Projekte mit einer Gesamtleistung von 220 Kilowatt realisiert.

In Keyenberg sind schon jetzt zwei Dach-Solaranlagen mit einer Leistung von jeweils zehn Kilowatt Spitzenleistung (kWp) in Betrieb und ans Netz angebunden. Drei weitere Anlagen mit 11 bis 30 kWp sollen in den nächsten Wochen dazukommen. Zusammen decken die Anlagen rechnerisch den prognostizierten Strombedarf der 60 Bewohnerinnen und Bewohner von Keyenberg – im Schnitt rund 2.800 Kilowattstunden pro Haushalt – ab.

Vier Personen bei der Vertragsunterzeichnung im Hof alter Backsteingebäude
Heute wurden die letzten Verträge mit teilnehmenden Familien in Keyenberg unterzeichnet.

„Meine Vision ist, den Abriss des Dorfes zu stoppen und Orte wie Keyenberg mit innovativen Dorfentwicklungskonzepten für die Zukunft zu stärken. Das Thema solare Selbstversorgung ist dafür ein entscheidender Baustein“, sagt die Keyenbergerin Ziemann-Oberherr. Die Projektbeteiligten wollen mit dem 100-Prozent-Solardorf Keyenberg auch ein deutliches Zeichen Richtung Landes- und Bundespolitik senden: Für einen schnelleren Ausstieg aus der Braunkohleverstromung – und für einen konsequenten Ausbau von Solaranlagen im Sinne des Klimaschutzes. „Gerade bei Photovoltaik-Anlagen auf Hausdächern sind hier noch ungeheure Potenziale ungenutzt“, sagt Nils Müller.

Christoph Rasch
Christoph Rasch
Arbeitete lange als Journalist und Autor für Tageszeitungen, Magazine und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Seit dem Frühjahr 2014 im Bereich Politik und Kommunikation bei Green Planet Energy tätig.