„Verbraucher wegen ihres Vertrags-Verhaltens auszuspionieren, ist höchst fragwürdig“
Laut heute veröffentlichter Recherchen von NDR und Süddeutscher Zeitung legen Wirtschaftsauskunfteien Datenpools über Verbraucherinnen und Verbraucher an, die überdurchschnittlich häufig ihren Energieanbieter wechseln. Die Datensätze könnten von Energieversorgungsunternehmen dazu genutzt werden, um „wechselfreudige“ Neu-Kundinnen und -kunden zu identifizieren und ihnen einen Vertragsabschluss zu verweigern, da sich ein kurzes Lieferverhältnis für diese Unternehmen nicht rechne. Es kommentiert Nils Müller, Vorstand bei der Ökoenergiegenossenschaft Greenpeace Energy:
„Wer als Kunde nach Ablauf seiner Mindestvertragslaufzeit den Strom- oder Gasanbieter wechselt, nimmt ein Recht wahr, das ihm zusteht. Dass manche Menschen schon nach relativ kurzer Zeit – und das vielleicht mehrmals – zu einem anderen Anbieter wechseln könnten, ist nun mal das geschäftliche Risiko eines Energieversorgungsunternehmens. Diese wechselaffinen Verbraucherinnen und Verbraucher aber wegen ihres Verhaltens auszuspionieren und dann sogar zu diskriminieren, indem man ihren einen Vertrag verweigert, geht gar nicht. Ein solches Vorgehen ist sowohl moralisch als auch datenschutzrechtlich höchst fragwürdig – und es zerstört Vertrauen im Verhältnis zwischen Versorger und Abnehmer.
Die jetzt aufgedeckten Datenpools werfen ein Schlaglicht auf den wirtschaftlichen Druck, unter dem viele Energieanbieter stehen, weil sich hohe Wechsel-Boni und andere teure Lockangebote für Neukundinnen und -kunden für sie durch lange Vertragslaufzeiten rentieren müssen. Aus eigener Erfahrung als Ökoenergiegenossenschaft sind wir überzeugt: Um Kundinnen und Kunden dauerhaft zu überzeugen und zu binden, sollten Versorger lieber in eine hohe Qualität ihrer Energieprodukte, in das Vorantreiben der Energiewende sowie in guten Service investieren, als in Negativ-Datenbanken. Vor allem aber sollten sie mit den Informationen ihrer Kundinnen und Kunden transparent, ehrlich und behutsam umgehen.“